Hochqualifiziert mit Handicap
Oftmals scheitert die Inklusion von Bewerbern mit Behinderungen an nicht vorhandenen barrierefreien Arbeitsplätzen. Diese sind nötig, damit für Arbeitnehmer mit Handicap dieselben Voraussetzungen geschaffen werden können, wie für alle anderen Arbeitnehmer auch. Die FLUXX Personalservice GmbH hat es sich zum Ziel gemacht, diese Gruppe von Arbeitnehmern speziell zu unterstützen.
„Wir versuchen überall dort zu helfen und zu unterstützen, wo es geht“, betont Joachim Voigt, Recruiter und Personaldisponent bei der Fluxx Personalservice GmbH. Die Integration einer Zeitarbeitnehmerin mit einer linken, halbseitigen Lähmung und einem gehörlosen Zeitarbeitnehmer in die Arbeitswelt ist dem iGZ-Mitglied bereits gelungen. Der Personaldienstleister war zunächst jedoch skeptisch, als sie feststellten, dass der neue Bewerber gehörlos ist. „Aber er hatte top Zeugnisse und einen super Lebenslauf“, erzählt Voigt. „Wir haben ihn mit Kusshand bei uns eingestellt. Jetzt arbeitet er als CNC-Maschinenbediener bei unserem Kunden.“ Denn das Personaldienstleistungsunternehmen ist der Meinung, dass gerade diesen Fachkräften eine Chance gegeben werden sollte. Denn Arbeitnehmer mit Handicap seien meistens hochqualifiziert. „Den Kundenunternehmen müssen die Vorteile einer solchen Beschäftigung verdeutlicht werden“, betont Voigt. „Denn viele Arbeitgeber schreckt der Aufwand ab.“ Auch das notwendige Wissen im Umgang mit schwerbehinderten Arbeitnehmern fehle vielen Unternehmen. Kollegen haben oft Angst, etwas falsch zu machen im Umgang mit ihnen. Für diese Fachkräfte müsse der Arbeitsplatz meistens umgerüstet werden und auch der Kündigungsschutz ist ein anderer. Das Kundenunternehmen des Personaldienstleisters sei sehr sozial eingestellt und war sofort begeistert von dem Thema Inklusion. „Der Kunde hat für unseren gehörlosen Arbeitnehmer Signalleuchten installiert. Und es wurde ein Zeichenbrett angeschafft, damit nicht immer eine Gebärdensprachendolmetscherin anwesend sein muss“, erklärt Voigt die Hilfsmittel. „Anfangs haben wir mit ihm immer über kleine Zettelchen kommuniziert. Das war ein bisschen umständlich, hat aber funktioniert.“
Für die halbseitig gelähmte Mitarbeiterin, die im Schaltschrankbau arbeitet, mussten beispielsweise Tragarme angebracht werden. Die helfen ihr, damit sie Arbeitsmittel nicht selbst von A nach B tragen muss. „Immer mehr Firmen ergreifen mittlerweile die Initiative, Arbeitsplätze behindertengerecht zu gestalten“, freut sich der Personaldisponent. Zusätzlich habe der Personaldienstleister darauf geachtet, dass für beide Mitarbeiter die Anfahrten zu ihren neuen Arbeitsplätzen so kurz wie möglich sind. „Unserem gehörlosen Mitarbeiter haben wir beispielsweise zu einem eigenen Auto verholfen. Das konnten wir mit einer Förderung des Jobcenters und einem Kredit von uns ermöglichen“, erzählt Voigt.
Nicht nur ein angepasster Arbeitsplatz müsse bei Mitarbeitern mit Handicap beachtet werden. „Die Einstellung von Mitarbeitern mit Handicap muss immer über das Integrationsamt der Bundesagentur für Arbeit laufen“, erklärt Voigt das Prozedere. „Einerseits bekommen Unternehmen Förderungs- und Zuschussmöglichkeiten für den Umbau der Arbeitsplätze und auch einen Lohnzuschuss. Aber für diese Mitarbeiter gelten eben auch besondere Kündigungsrechte.“ Sobald ein Unternehmen solch einen Arbeitnehmer kündigen möchte, müsse das Integrationsamt seine Zustimmung geben. „Das schreckt natürlich viele ab, überhaupt einen behinderten Bewerber einzustellen.“ Doch für Voigt steht fest: „Das sind top ausgebildete Personen, die eine Chance verdienen.“ Sogar die Bundesagentur für Arbeit sei schon auf das Unternehmen zugekommen und habe gefragt, ob sie nicht weitere Bewerber mit Handicap einstellen können.
Neben der Inklusion steht auch Integration Geflüchteter und die Wiedereingliederung von Strafgefangenen auf der Agenda des Personaldienstleisters. „Bei der Integration von Geflüchteten muss der Bildungsabschluss in Deutschland anerkannt sein“, erklärt Voigt die Herausforderungen. „Und auch die sprachliche Integration steht im Vordergrund.“ Bei Strafgefangenen stehen andere Hürden im Fokus. „Sie müssen vor allem schnell in das soziale Umfeld integriert werden“, so Voigt. Denn auch sie haben ein Recht darauf, am privaten Leben teilzunehmen. Von den rund 50 Zeitarbeitnehmern sind momentan zwei ehemalige Strafgefangene bei dem Delmenhorster Personaldienstleistungsunternehmen angestellt. Ein Dritter wurde im Oktober 2018 vom Kundenunternehmen übernommen. „Die Justizvollzugsanstalt kommt immer häufiger auf uns zu und fragt, ob wir etwas für einen Insassen haben, der demnächst Freigang bekommt oder entlassen wird“, erzählt Voigt. „In der Region spricht es sich rum, dass wir ein sozialer Arbeitgeber sind. Wir werden auch immer wieder von Insassen weiterempfohlen.
Denn auch all diese Arbeitnehmer sollten die Möglichkeit bekommen, in die Gesellschaft und den Arbeitsmarkt integriert zu werden. „Wir sehen den Personalservice als Sprungbrett“, so Voigt. „Daher wollen wir unseren Service ausweiten und unseren Fokus auf die Rückführung Strafgefangener in das soziale Umfeld richten.“ Auch die Integration von Bewerbern mit Handicap in den ersten Arbeitsmarkt wird von dem Personaldienstleister weiter fokussiert.
Interview Zdirekt! 01-2019 mit FLUXX Personalservice GmbH (Quelle Zdirekt! – Frau Svanja Broders)